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Beitrag vom 06.10.2002
Georgette Dee am Morgen danach. Georgette Dee und Band. Just Lovesongs
Gaby Miericke-Rubbert
Die Kultdiseuse Georgette Dee tritt mit ihrem neuen Programm Just Lovesongs vom 2. -16. Oktober 2002 im Tipi auf
Da ist sie wieder, die Kultdiseuse Georgette! Mit neuem Programm und neuer musikalischer Begleitung.
Die Lieder, teils neu arrangiert, teils neu interpretiert, nach dem Aus-alt-mach-neu-Prinzip - Adaptationen von Schubert, Dusty Springfield, Brecht/Weill u. a.. Oder bekannte Lieder aus früheren Programmen, wo Georgette Dees Name noch in einem Atemzug mit ihrem langjährigen Pianisten Terry Truck genannt wurde.
Das Thema so alt wie die Menschheit, Ursprung und Endlichkeit zugleich, Euphorie, Sehnsucht, Schmalz, Verletzungen und Einsamkeit. Liebe in allen Facetten, wo die frühreife Georgette schon in ihren jungen Jahren als Kind vom Dorf mangels Angebot den "Son of a (the) preacher man" verführen wollte.
Bekannt und bewährt Georgettes kultiges Auftreten: mit doppeltem Wodka auf Eis, unzähligen Zigaretten und großen, schlanken Händen, die sich pausenlos durch die blondierten Mini-Pli-Locken fahren. Schlicht wie immer ihr Outfit: ein langer, dunkelrot-samtiger Morgenmantel, nach der Pause zwar um-, aber trotzdem nicht so recht angezogen, der schwarze, pyjamaartige Anzug trägt immer noch den Hauch vom Morgen danach.
Und wie gewohnt auch die Melange aus Gesungenem und Erzähltem, das Publikum weiß beides gleichermaßen zu schätzen. Anekdoten und Beobachtungen in epischer Breite erzählt, mit einer Reichweite von Banalitäten, Humoreskem, Trivialitäten bis hin zu intuitiven Weisheiten.
Die Tonlage beherrscht alle Nuancen zwischen pubertärem Stimmbruch und "orgasmativem Crisp" (schönes Wortgepräge à la Georgette). Anrührend ist ihr Vortrag eines ihrer Lieblingsgedichte von Rilke (Rainer Maria R.), wo sie ihren Engel erst nicht ziehen lassen will, aber als "ich ihm seinen Himmel gegeben (...) lernte er das Schweben - ich lernte das Leben". Diese anheimelnde Leichtigkeit kann sich nicht lange halten, muß schnell durch Ordinäres wieder gebrochen werden.
Auch in ihren Liedern liebt sie die Vielfalt, wenn von Liebe die Rede ist. Falls man trotz ausdrucksstarker Nuschelei die Texte versteht: Gegensätzlichkeiten und Verbindendes, Romantik und Nüchternheit. Die Band, klasse Musiker, alle vier, unterstützen, betonen und begleiten, wunderbar arrangiert durch bluesige, folkloristische, jazzige und südamerikanische Rhythmen.
Begeisterung und Jubel löst der herzerfrischende Refrain bei den Gekränkten und Erniedrigten im liebeskummergeprüften Publikum aus, als Georgette in ihrem Song "Was soll denn das Gejammer? Deine Tränen bringen ihn nicht mehr zurück" die Losung ausgibt, daß Weinen nur einsam macht, hingegen sich durch Lachen wieder eine hoffnungsvolle Welt erschließen wird.
Und die Frage des Tipi-Personals beim Rausgehen, ob man seine Rechnung denn beglichen hätte, kann man dementsprechend lachend beiseite stecken und dabei mit Georgette (Cora Frost zitierend) denken: "Am liebsten laß ich mich mit mir selbst betrügen"!
Georgette Dee und Band
Just Lovesongs
2. -16. Oktober 2002
Ort: Tipi Das Zelt
Große Querallee, 10557 Berlin-Tiergarten
Karten:0180 - 327 9358